Das Unternehmen Wärme Hamburg GmbH (WHH) hat am 6. April 2020 bei der Umweltbehörde einen Antrag auf Errichtung und Betrieb eines Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerks (GuD HKW) am Standort Dradenau eingereicht. Das GuD HKW ist zentrales Element des Energieparks Hafen und – so die WHH – es „soll vor allem die Einspeisung klimaneutraler Abwärme aus Industrieprozessen und der geplanten Abwasserwärmepumpe in das Fernwärmenetz der Wärme Hamburg ermöglichen.“
Dass das GuD mit fossilem Erdgas betrieben wird, dass die zweitwichtigste Wärmequelle die Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm (MVR) sein soll, die angeblich klimaneutrale Wärme aus Müllverbrennung liefern soll, und dass die geplante Abwasserwärmepumpe keineswegs klimaneutrale Wärme liefern wird, da sie mit Strom aus dem Erdgas-Heizkraftwerk angetrieben werden wird – das wird ganz verschämt verschwiegen. Greenwashing nach Art der Hamburger Umweltbehörde.
Was vorher geschah:
Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) will etwa 80 Prozent der vom alten Heizkraftwerks Wedel gelieferten Fernwärme durch vorhandene und neue Wärmequellen südlich der Elbe ersetzen. Bis zum Sommer 2018 plante die BUE, für diese „Südvariante“ zwei neue, teure Fernwärmetrassen bauen zu lassen, eine lange Trasse von Bahrenfeld durch Groß Flottbek und Othmarschen zur Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm (MVR) („FWS West“) und eine kürzere Trasse vom Kohle-Heizkraftwerk Moorburg ebenfalls zur MVR („Wärmeanbindung Moorburg“). Erst Ende August 2018 erklärte die BUE, sie würde auf zusätzliche Wärmeauskoppelung aus dem Heizkraftwerk (HKW) Moorburg verzichten.
Als wichtigste Wärmequelle südlich der Elbe war bei der bis zum Sommer 2018 geplanten „Südvariante“ die Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm (MVR) vorgesehen, die mindestens 40 Prozent der Ersatzwärme für das HKW Wedel liefern sollte (mehr als 500 GWh pro Jahr). Fast die gesamte Wärmeproduktion der MVR wird allerdings seit langem in Dampfform an die nahen Ölwerke Schindler geliefert. Die Ölwerke sollten daher bei der bis Ende August 2018 geplanten „Südvariante“ Dampf aus dem Kohle-HKW Moorburg erhalten, der dort zusätzlich ausgekoppelt werden sollte und der den Einsatz von Steinkohle in Moorburg erheblich vergrößert hätte. Bei diesem häufig als „MVR-Rochade“ bezeichneten Tausch wäre letztlich Kohlewärme aus Wedel durch Kohlewärme aus Moorburg ersetzt worden. Das Klima wäre dabei schwer belastet worden. Die CO2-Bilanz von Hamburg hätte sich bei der Verbrennung von Kohle in Moorburg anstelle der Verbrennung von Kohle in Wedel nicht verbessert. Es ging um einen Etikettenschwindel, bei dem lediglich die CO2-Bilanz des großen Fernwärmenetzes verschönert worden wäre, indem CO2 aus dem Fernwärmenetz zu einem Industriebetrieb ausgelagert worden wäre.
Ende August 2018 kündigte die Umweltbehörde im Hamburger Energienetzbeirat an, sie werde auf die „MVR-Rochade“ verzichten und stattdessen südlich der Elbe am Standort Dradenau vom Fernwärmeunternehmen VWH eine große mit Erdgas gespeiste Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (GuD) errichten lassen. Eine solche KWK-Anlage hatte das Beratungsunternehmen BET schon im Jahr 2015 für den Energiestandort Stellinger Moor vorgeschlagen.
Außerdem soll im Klärwerk Dradenau mit Hochtemperatur-Wärmepumpen Fernwärme aus Abwasser gewonnen werden. Um aus Abwasser mit einer Temperatur von etwa 15 °C Fernwärme mit Temperaturen zwischen 90 °C und 135 °C zu erzeugen, muss jedoch zum Antrieb der Wärmepumpen so viel elektrischer Strom aus der Erdgas-KWK-Anlage und auch aus dem öffentlichen Stromnetz eingesetzt werden, dass diese Wärmequelle nur etwa spärliche 30 Prozent erneuerbare Wärme aus dem Abwasser enthalten würde. Der Rest wäre fossile Wärme.
Außerdem soll in begrenztem Umfang industrielle Abwärme der Betriebe Trimet Aluminium und Arcelor Mittal verwendet werden. Diese Abwärme kann allerdings auch sehr sinnvoll für Fernwärmeversorgungs-Projekte südlich der Elbe eingesetzt werden. Eine teure die Elbe querende Fernwärmetrasse ist dafür nicht nötig.
Näheres zum aktuellen Planungsstand der „Südvariante“ bzw. des „Energieparks Hafen“ ist den Scoping-Unterlagen vom 27. Mai 2019 und den Internetseiten der Wärme Hamburg GmbH zu entnehmen.